Aleksandar Vučić ist ein politisches Chamäleon. Immer wieder zeigt der serbische Präsident seine strategische Wandlungsfähigkeit: Mal trifft er sich mit Chinas Politspitze und bekundet den Willen zur forcierten Partnerschaft, dann demonstriert er seine Nähe zum Kreml und Wladimir Putin. Ende des Jahres machte er auf Einladung von Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz einen Abstecher nach Sachsen – wo sich die beiden über den in Serbien geplanten Abbau von Lithium für die EU und Deutschland austauschten. Vučić ein Mann der Nachhaltigkeit?

Das Gegenteil ist der Fall: Der Serbe agiert seit Jahrzehnten wie eine Abrissbirne der geltenden Friedensordnung. Der nationalistische Hardliner reüssiert mit einer Neuauflage der großserbischen Ideologie des einstigen serbischen Machthabers Slobodan Milošević. Damit stellt er eine Gefahr für die multiethnischen Nachbarstaaten dar. Kein Wunder, dass Nato-Generalsekretär Mark Rutte vor wenigen Wochen erklärte, die Lage auf dem Westbalkan gebe Anlass zur Sorge. Marion Kraske

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Seit Jahren mangelt es [den westlichen Regierungen] an einer kohärenten Strategie für den Westbalkan. Dadurch konnten sich in den vergangenen Jahren mit Unterstützung Moskaus die aggressiven völkischen Ideologien in der Region neu aufladen. Die US-Regierung von Joe Biden betrieb keinesfalls klare Containment-Politik. Im Gegenteil: Dem auch innenpolitisch immer autoritärer auftretenden serbischen Machthaber Vučić gegenüber setzte sie bis zuletzt auf ostentative Beschwichtigung. Über die Machtzentren Belgrad und Zagreb, so das Kalkül, sollte die Region in Stabilität gehalten werden.

In Wahrheit führte dieser Umgang in den letzten 20 Jahren zu gefährlichen Destabilisierungen und immer neuen Eskalationen – vor allem aber verhinderte die Politik der Samthandschuhe entscheidende Schritte auf dem Weg zu Aussöhnung und Demokratisierung. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind ebenfalls bemüht, Vučić milde zu stimmen. Man setzt auf gemeinsamen Handel und wirtschaftliche Verflechtung – das hat Tradition.

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  • McLarny@lemmy.world
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    7 days ago

    Es gibt auch innenpolitisch einiges, dass derzeit in Serbien brodelt. Fand den Beitrag von ARTE dazu interessant.